in einem urbanen Kontext
Palimpsest
Das neue Stadtteilzentrum entsteht aus der Überschreibung des vorhandenen (alten) Gebietscharakters durch neue Nutzungen und eine neue Gestaltung. Die Spuren der verlassenen Industriezone hinter dem Bahnhof werden dabei nicht verleugnet: sie bilden den assoziativen Rahmen für eine spannungsreiche Transformation des Ortes. Sie sind der Stoff für die Ausbildung von neuen Stimmungen, die mit dem Erbe der Industriebauten spielen und so neue Möglichkeiten der Nutzung des öffentlichen Raums eröffnen. Zwischen List-Halle und neuer Schule, zwischen Quartierspark, Science-Tower und Wohnbauten entstehen gestaffelte Raumfolgen, die den öffentlichen Raum zu einem vielfältig nutzbaren Ort des Verweilens, der Begegnung und der Kontemplation machen.
Alte Industrie-neue Natur
Die Überschreibung des Ortes inszeniert die Transformation eines Ortes, der von physischer Arbeit geprägt war, zu einem Ort der Bildung, der Kultur, des Wohnens und des Aufenthalts im öffentlichen Raum. Der Platzbereich wird durch Baumsetzungen verfeinernd gegliedert und in seiner Maßstäblichkeit moduliert. Elemente der Natur erhalten so eine große Bedeutung. Sie akzentuieren Teilbereiche, verbinden sie miteinander und erzeugen differenzierte räumliche Qualitäten. Von der alten Industrie zur neuen Natur findet der Wechsel der Bedürfnisse statt: der neue Quartierspark wird zur Quelle von Ruhe, Schatten und Frische. Intensive Baumsetzungen erzeugen Platzräume und belebte Randzonen, schaffen variable Gliederungen, schaffen offene Grenzen, bilden schattenspendende Dächer und spiegeln die Natur im Wechsel der Jahreszeiten.
Der Platz - das Bühnenbild
Der Charme der alten Industrie als Assoziationsrahmen ist ein grundlegender Baustein für die neue Gestaltung. Die Wahl der Oberflächenmaterialien und der Möblierungs- und Gestaltungselemente zitiert industrielle Elemente und spielt mit der Irritation des Betrachters durch Überschreibung – die Gestaltungselemente in Anlehnung an die Formensprache der alten Industriekultur. Der Charakter dieses Formenkanons tritt durch bewusste Verfremdungen hervor: Gittermasten dienen als Stützen für die Fahrdrahtleitungen, aber ebenso als Mastleuchten, an deren Auskragungen spotartige Beleuchtungskörper montiert sind, die dem Platz eine szenisch gestaffelte Lichtdramaturgie geben. Die Möblierung des öffentlichen Raums bedient sich auf diese Weise der Überschreibung und Transformation von industriellen Elementen zu mehrfach nutzbaren (Licht, Sitzen) Einrichtungsgegenständen mit ortstypischem Charakter.
Die Multizone
Als durchgehendes Organisations- und Gestaltungsmotiv für die gesamte Waagner-Biro-Straße wird das Konzept der Multizone entwickelt. Die Multizone ist ein variabel nutzbarer durchlaufender Bereich in der Mitte der Straße, der in Reaktion auf die baulichen Gegebenheiten zwischen 2,00m und 4,00m breit ist. Die Zone ist gestalterisch abgesetzt und trennt die Richtungsfahrbahnen überall da, wo der asphaltierte Straßenraum nicht ohnehin platzartig aufgelöst werden kann. Die Multizone kann als Standort für Bäume, Masten für die Oberleitungen, aber in speziellen Bereichen auch als Abbiegespur oder zweiseitig anfahrbare Haltezone dienen. Im Wesentlichen jedoch dient die Multizone als ausgedehnte Querungshilfe für Fußgänger, sofern sie die Fahrbahnen trennt und eine (auto)-verkehrsfreie Zone ist. Die zu erwartenden wesentlichen Effekte sind daher eine deutliche Reduktion der Geschwindigkeiten aufgrund der Einengung der Fahrspuren sowie erhöhte Querungsaktivitäten: es entsteht die Möglichkeit des ‚flächigen Querens‘ für Fußgänger, die an jeder Stelle immer nur die ‚halbe‘ Straße Queren müssen.
Lager II Educational Farming- Markt als Zwischennutzung
In der Übergangsphase können Zwischennutzungen ein wichtiges Instrument sein, um das gewünschte neue Leben in das neue Quartier zu locken. Die Halle Lager II wird bis zur vollständigen Umsetzung des Parks bzw. des nordöstlichen Baufeldes als landwirtschaftliche Lehr- und Produktionsstätte verwendet: hier können Anrainer und Schüler der umliegenden Schulen im Sinne des Educational Farming Erfahrungen mit dem Anbau von Lebensmitteln sammeln. Die Fassade wird zum Park hin geöffnet und als Markthalle genutzt und verkörpert den Übergang von Alter Industrie zu Neuer Natur.
Flyingn Machine
Wenn dem Erbe der Industriekultur Flügel wachsen, werden Maschinen menschlich und beginnen zu träumen. Die Skulptur zeigt sich als verspieltes Spielgerät und bildet zugleich den kulturellen Wandel des Ortes ab und wird zum Symbol für den Transformationsprozess im Quartier.
PSL Public Space Laboratory
Das Public Space Laboratory ist ein Testgelände für Interventionen und Einrichtungen im öffentlichen Raum: hier kann unterschiedliches Stadtmobiliar ausprobiert werden, vielfältige Aktivitäten und variantenreiche Nutzungen sowie Anrainerinitiativen können hier umgesetzt werden. Erforderliche Infrastruktur wie z.B. Strom, Befestigungsmöglichkeiten, Werkzeug etc. können zur Verfügung gestellt werden, um Bürgerinnen aktiv zu Gestaltern des öffentlichen Raums zu machen. Als zentraler Bezugsraum wird eine großräumige Platzfläche geschaffen, die bühnenartig auf vielfältige Art bespielt werden kann.
Contained Nature
Test-Felder als Sukzessionsflächen und Graffitiwände bilden die Instrumente, um urbane Wildnis floral und sozial in das neue Quartier zu integrieren. Die bis zu 2.5m hohen Mauern fassen kleine Gärten, die nach Themen gestaltet werden können: Waldrand, Wiese, Felsen, Wasser etc. Wände bieten Platz für Graffiti, um einen lebendigen Ausdruck der kulturellen Vielfalt des Ortes zu unterstützen.