Zahlreiche Straßenräume bedienen einseitig Anforderungen des Autoverkehrs und entwerten die Würde von baukünstlerisch hochwertigen Gebäuden. Dies trifft auch auf Gebäude zu, bei denen sich ein guter bautechnischer Zustand mit angemessener, zeitgerechter Nutzung verbindet. Entlang der Hauptverkehrsschneisen entstehen Rückseiten im innerörtlichen Gefüge. Empfohlenes Motto: Aus Rückseiten Vorderseiten machen. Ein Blick auf historische Aufnahmen zeigt, dass die an sich stabile Ortsstruktur gerade im Hinblick auf eine räumlich gut artikulierte Ortsrandbildung durch die Invasion des Autoverkehrs deutlich verschlechtert hat. Ein historischer Blick auf den Hauptplatz zeigt, wie entspannt sich das Leben in den öffentlichen Raum und in private Gärten hinein entwickelt hat. Und er zeigt, wie lapidar und unverkrampft mit dem Niveauunterschied am Platz früher umgegangen worden ist.
Die aktuelle Lösung erzeugt eine nachhaltige Irritation: in der Alltagssituation erscheint die geometrische Grundfigur künstlich ausgedacht und ist nicht organisch aus dem Zusammenspiel von Baustruktur und Nutzungsanforderungen entwickelt; sie ist als abstrakte Idee in den Platzraum hineingezwungen. Dieser Zwang ist spürbar: der Platz wirkt unentspannt, grimmig und irgendwie verklemmt. Warum muss das Rathaus in die zweite Reihe gestellt werden? Der Platz ist kein erlebbarer Hotspot des alltäglichen Lebens. Wo kann ich hier in der Sonne sitzen, bei gutem Kaffee, mit Blick auf den belebten Platz? Wo kann ich hier im Halbschatten sitzen, ohne einen Kaffee trinken zu müssen? Positive Qualität der aktuellen Platzgestaltung zeigt sich in Ausnahmesituationen: die relativ große zusammenhängende, annähernd ebene Fläche ‚im Kreis‘ eignet sich als Bühne für unterschiedliche Arten von Events; sogar der Osterhase kann sich hier verstecken.
Die Funktionsverteilungen im zentralen Bereich sind aus der Geschichte des Ortes heraus harmonisch und komplementär geordnet. Der Stadtkern zeichnet sich durch eine Konzentration von Gebäuden, öffentlich relevanten Nutzungen und öffentlichen Räumen aus. Funktionale Störungen im Stadtgefüge sind Einkaufsmärkte in peripheren Lagen, aber auch das sehr weit vom Stadtkern entfernte Bezirksaltenheim. Es gibt plausible räumliche Clusterbildungen der hochwertigen Schulen, der handwerklich hochstehenden industriellen Produktion, ebenso durch den Park eine gute Anbindung an den Wasserlauf und das ‚Gries‘. Einen westlichen Abschluss des Stadtkerns bilden Handwerksgebäude, die zurzeit teilweise nicht in Gebrauch sind.