Stadtkern Ferlach

Ferlach hat eine hohe Dichte an hochwertiger Bausubstanz, diese befindet sich jedoch teilweise in unvorteilhaftem Zustand. Die bauliche Qualität der Stadt und ihrer Gebäude erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Es gibt eine konzentrierte Stadtstruktur, die aus zahlreichen kraftvollen Einzelbauten gebildet wird. Nachkriegsbauten rund um den Hauptplatz haben ergänzende  Freiraum geschaffen, jedoch nicht harmonisierend gewirkt, sondern räumliche Ungleichgewichte erzeugt; dies betrifft die Höhenentwicklung sowie Materialität, Fassadenbild und Gebäudestruktur. Warum gibt es keine A-Lagen im Zentrum? Einerseits: Wenig Leerstand im Stadtkern. Andererseits: In der Alltagssituation entsteht keine Stimmung, die dem Flair der ‚südlichsten Stadt Österreichs‘ gerecht werden kann. Zahlreiche Bauwerke und Gebäudetransformationen zeigen, dass es keinen das Ortsbild gestaltenden Blick auf die Ensemblewirkung gibt. Das Ortsbild erscheint daher in vielen Bereichen zerfleddert und vernachlässigt.

Zahlreiche Straßenräume bedienen einseitig Anforderungen des Autoverkehrs und entwerten die Würde von baukünstlerisch hochwertigen Gebäuden. Dies trifft auch auf Gebäude zu, bei denen sich ein guter bautechnischer Zustand mit angemessener, zeitgerechter Nutzung verbindet. Entlang der Hauptverkehrsschneisen entstehen Rückseiten im innerörtlichen Gefüge. Empfohlenes Motto: Aus Rückseiten Vorderseiten machen. Ein Blick auf historische Aufnahmen zeigt, dass die an sich stabile Ortsstruktur gerade im Hinblick auf eine räumlich gut artikulierte Ortsrandbildung durch die Invasion des Autoverkehrs deutlich verschlechtert hat. Ein historischer Blick auf den Hauptplatz zeigt, wie entspannt sich das Leben in den öffentlichen Raum und in private Gärten hinein entwickelt hat. Und er zeigt, wie lapidar und unverkrampft mit dem Niveauunterschied am Platz früher umgegangen worden ist.

Die aktuelle Lösung erzeugt eine nachhaltige Irritation: in der Alltagssituation erscheint die geometrische Grundfigur künstlich ausgedacht und ist nicht organisch aus dem Zusammenspiel von Baustruktur und Nutzungsanforderungen entwickelt; sie ist als abstrakte Idee in den Platzraum hineingezwungen. Dieser Zwang ist spürbar: der Platz wirkt unentspannt, grimmig und irgendwie verklemmt. Warum muss das Rathaus in die zweite Reihe gestellt werden? Der Platz ist kein erlebbarer Hotspot des alltäglichen Lebens. Wo kann ich hier in der Sonne sitzen, bei gutem Kaffee, mit Blick auf den belebten Platz? Wo kann ich hier im Halbschatten sitzen, ohne einen Kaffee trinken zu müssen? Positive Qualität der aktuellen Platzgestaltung zeigt sich in Ausnahmesituationen: die relativ große zusammenhängende, annähernd ebene Fläche ‚im Kreis‘ eignet sich als Bühne für unterschiedliche Arten von Events; sogar der Osterhase kann sich hier verstecken.

Die Funktionsverteilungen im zentralen Bereich sind aus der Geschichte des Ortes heraus harmonisch und komplementär geordnet. Der Stadtkern zeichnet sich durch eine Konzentration von Gebäuden, öffentlich relevanten Nutzungen und öffentlichen Räumen aus. Funktionale Störungen im Stadtgefüge sind Einkaufsmärkte in peripheren Lagen, aber auch das sehr  weit vom Stadtkern entfernte Bezirksaltenheim. Es gibt plausible räumliche Clusterbildungen der hochwertigen Schulen, der handwerklich hochstehenden industriellen Produktion, ebenso durch den Park eine gute Anbindung an den Wasserlauf und das ‚Gries‘. Einen westlichen Abschluss des Stadtkerns bilden Handwerksgebäude, die zurzeit teilweise nicht in Gebrauch sind.

Name Stadtkern Ferlach
Jahr 2016 - 2020
Standort Ferlach
Aufgabe Umgestaltung der öffentlichen Räume im Stadtkern von Ferlach
Auftraggeber Gemeinde Ferlach
Status umgesetzt
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